Der Begriff Individuation
Der Begriff Individuation entspringt dem Lateinischen individualis bzw. Individuum und bedeutet „Das Einzelwesen oder den einzelnen Menschen betreffend“. Individuation bezeichnet den Prozess der Selbstwerdung des Menschen, in dessen Verlauf ein Bewusstsein der eigenen Individualität und der Unterschiedenheit von anderen entsteht. In Psychologie, Philosophie und Soziologie gibt es verschiedene Konzepte und Interpretationen zu Individuation.
Der Schweizer Psychiater C.G. Jung prägte den Begriff Individuation als zentralen Teil seines tiefenpyschologischen Konzeptes. Jung sah darin einen lebenslangen und unvollendeten Prozess, der etwa um das 35. Lebensjahr beginnt und der zu einer größeren Vollständigkeit und Abrundung des menschlichen Wesens verhelfen soll.
Der Sozialphilosoph Erich Fromm unterscheidet in seinem Werk verschiedene menschliche Charaktertypen aufgrund ihrer Produktivität. Als Ziel einer geglückten Individuation sieht Fromm den produktiven Charakter an, einen Menschen, der zur Liebe fähig ist, sich selbst akzeptiert und an anderen Anteil nimmt. Ein Mensch der bereit ist Neues zu lernen und sich weiter zu entwickeln.
Heinz Grill hat in seinem Werk den Begriff der geistigen Individuation geprägt. Er versteht darunter ein zeitgemäßes Entwicklungsprinzip und meint, dass der Mensch ganz aus einer individuellen Entscheidung und eigener Aktivität nach höheren Erkenntnissen strebt. Es ist ein Weg der Selbsterziehung, bei dem der Einzelne seine drei Seelenkräfte des Denkens, Fühlens und Wollen mit Hilfe konkreter Übungen weiterentwickelt. Auf diese Weise kann eine individuell entwickelte Spiritualität im Menschen reifen. Das Gegenbild zur Individuation bildet für Heinz Grill die Sukzession. Sukzession ist das Prinzip der passiven Nachfolge oder das passive Übernehmen von Glaubenssätzen, Dogmen oder Erkenntnissen, die der Einzelne nicht selber geprüft oder erkannt hat.
Dieser Weg der Individuation, besitzt eine Nähe zum anthroposophischen Schulungsweg, den Rudolf Steiner begründete. In seinem Vortrag “Wie kann die seelische Not der Gegenwart überwunden werden?” charakterisierte Rudolf Steiner die Notwendigkeit sich in unserer Kulturepoche individuell auszubilden. “Jeder einzelne Mensch muß individuell sich ausbilden, und insbesondere in unserer heutigen Zeit der Bewusstseinsseele ist eine der Hauptsachen dieses individuelle Sich – Ausbilden.”
Anhand der folgenden Zeitphänomene lässt sich verdeutlichen, aus welchen Gründen eine Pädagogik zu einem individuellen Selbstwerden heute notwendig erscheint:
Individuationspädagogik bedeutet Grundlagen und konkrete Übungen zu vermitteln, wie sich heute der einzelne Mensch selbst erziehen kann, um zu einer freien und reifen Individualität zu werden. Im Institut soll dies in Form von Kursen, Vorträgen und Artikeln in die Umsetzung kommen.
Erich Fromm
Heinz Grill
Rudolf Steiner